Ein unerwartetes Erbe für Warburg
03. bis 07. November 2025 | Marktstraße 8, 34414 Warburg



Worum geht es
In der Ausstellung werden Briefe vorgestellt und erläutert, die das Warburger Ehepaar Emilie und Robert Reinsberg vom Oktober 1940 bis zum November 1941 an ihre Tochter Hariet geschrieben haben.
Die Reinsbergs waren Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Warburg und versuchten verzweifelt, aus dem Deutschen Reich zu emigrieren. Ihre Tochter war die Flucht nach New York gelungen. Ende März 1942 wurden Emilie und Robert Reinsberg in das Warschauer Ghetto deportiert und dort oder im Vernichtungslager Treblinka ermordet.
Niemand hatte 2019 mit der Entdeckung der 52 Briefe gerechnet. Die Ausstellung zeigt sie in einem ehemaligen Geschäftslokal der Innenstadt, um die Familie Reinsberg in die Mitte der Stadt zurückzuholen, aus der sie vor 83 Jahren in den Tod verschleppt wurde. Für uns sind die Briefe ein Erbe, das uns verpflichtet, gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit Widerstand zu leisten.
Die Veranstaltungen der Ausstellungswoche
Alle Veranstaltungen sind kostenfrei.

Eröffnung
Zur Eröffnung unserer Ausstellungswoche laden wir Sie herzlich am Montag, den 3. November 2025, um 18:00 Uhr in unseren Ausstellungsräumen in der Marktstraße 8 in 34414 Warburg ein.

Lesung
Es sind Nachrichten aus der Vergessenheit, die am kommenden Dienstag, 4. November, in Warburg vorgelesen werden. Der Schauspieler Heiko Grosche und die Schwestern Ulla und Ria Hahne tragen aus Briefen vor, die das jüdische Ehepaar Emilie und Robert Reinsberg 1940 und 1941 aus Warburg an ihre Tochter Hariet in New York geschrieben hat.
Ort: Ausstellungsräume Marktstraße 8

Kabarett Radau
KABARETT RADAU: „Dein ist mein ganzes Herz“ – Ein Ohrwurm nach dem anderen. Das verspricht der Kabarettabend mit Duo Eckard Radau und Benny Düring.

Götz Aly
„Wie konnte das geschehen?“
Ort: Haus Böttrich, Sternstraße 13
Warburg. Am Freitag, 7. November, kommt mit Götz Aly ein Historiker und Autor nach Warburg, der mit dem Buch „Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945“ zurzeit in allen Bestsellerlisten auf einem der vorderen Plätze steht. Götz Aly wird am Freitag ab 19:00 Uhr im Haus Böttrich aus seinem neuen Buch lesen. Die Veranstaltung beginnt um 19:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.
„Mein liebes Harietchen …!“
Ein unerwartetes Erbe für Warburg – Briefe vor der Deportation ins Warschauer Ghetto
(Zur Erinnerung an die Warburger Emilie und Robert Reinsberg, ermordet 1942 im Warschauer Ghetto oder in Treblinka)
Bei dem unerwarteten Erbe, das Warburg antritt, handelt es sich um 52 Briefe, die Emilie und Robert Reinsberg 1940 und 1941 aus Warburg an ihre Tochter Hariet schickten, bevor sie im Frühjahr 1942 nach Warschau deportiert wurden. Dort oder in Treblinka starben sie an den Folgen der katastrophalen Lebensbedingungen oder an der nationalsozialistischen Gewalt. Seit Juli 1942 wurden die Menschen aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt.
Die Ausstellung zeigt die Briefe und erläutert die Umstände, unter denen das jüdische Ehepaar Reinsberg in Warburg leben musste – und von denen sie nicht schreiben durften, weil jeder Brief vom Staat gegengelesen wurde. Deshalb zeigt die Ausstellung die Realität der antijüdischen Zwangsmaßnahmen seit 1933 und zeichnet ein erschreckendes Bild von der Beraubung, Entrechtlichung und Entwürdigung der Menschen in Deutschland, die jüdischen Glaubens waren.
Geschildert wird, wie das Ehepaar Reinsberg 1938 enteignet wird, beschreibt die Umstände der Deportation und die menschenverachtenden, tödlichen Zustände im Warschauer Ghetto, in das Emilie und Robert Reinsberg verschleppt wurden. Es zeigt die Schikanen und Schwierigkeiten, die den Reinsbergs bei der Emigration in den Weg gelegt wurden – und an denen ihre Ausreise schließlich scheiterte. Dokumentiert wird auch die widerstrebende „Wiedergutmachung“ nach 1945.
Die Briefe sind letzte Lebenszeichen aus einer Zeit, in der die jüdischen Mitbürger in Warburg wie überall in Deutschland bereits weitgehend aus der Gesellschaft ausgeschlossen und täglich neuen massiven Diskriminierungen und Gewalterfahrungen ausgesetzt waren. Die Emigration war so gut wie unmöglich geworden. Warburg war ein Gefängnis. Das Ende, der alle Vorstellungen sprengende industrielle Völkermord stand seit Ende 1941 / Anfang 1942 fest.
Die Enkel der Reinsbergs haben die Briefe nach dem Tod von Hariet im Jahr 2019 entdeckt. Eine von ihnen, Monica Berger-Moïsi, hat die Briefe kommentiert und um eine Biografie von Hariet und einen Bericht ihrer eigenen Recherche in Warburg und Westfalen ergänzt. Dieses Manuskript konnte bislang nicht erscheinen. Die Ausstellung zeigt Teile des Materials, ergänzt um eigene und neue Funde in den Archiven.
Die 52 Briefe aus der Zeit, als das Schicksal der jüdischen Bevölkerung „totgeschwiegen“ wurde, sind ein Erbe, das verpflichtet. Sie sind eine dringende Mahnung, gegen jegliche Diskriminierung, gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit anzugehen und für unsere Demokratie bewusst und öffentlich einzutreten – gerade heute.
Besonderen Dank an:
für die Förderung dieses Projekts